Veranstaltung: | LDK Wolfenbüttel-Programmparteitag zur Landtagswahl |
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Tagesordnungspunkt: | 2.6. Kapitel V - Solides Fundament für Niedersachsen |
Antragsteller*in: | Landesvorstand (beschlossen am: 06.04.2022) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 22.04.2022, 12:09 |
Kap.5: Solides Fundament für Niedersachsen
Antragstext
Nachhaltig haushalten
GRÜNE Finanzpolitik ist nachhaltig und gerecht. Unser Ziel ist ein stabiler und
gerechter Landeshaushalt. Damit sichern wir die Handlungsfähigkeit der
öffentlichen Hand und ermöglichen den ökologisch-sozialen Umbau. Nachhaltigkeit
ist für uns untrennbar mit Generationengerechtigkeit verbunden: Unser Ziel ist
es, nachfolgende Generationen weder dadurch zu belasten, dass wir die dringend
erforderlichen Investitionen in den Klimaschutz, in eine intakte öffentliche
Infrastruktur und den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft in die Zukunft
verschieben, noch Ihnen zu hohe Schulden zurückzulassen. Das Land muss in der
Lage sein, seine Ausgaben aus den laufenden Einnahmen zu decken und gleichzeitig
das öffentliche Vermögen zu erhalten und auszubauen.
Mit dem Niedersachsenfonds in die Zukunft investieren
Im Sinne der finanzpolitischen Nachhaltigkeit ist eine Schuldenregel, die dem
ungehemmten Schuldenmachen einen Riegel vorschiebt, grundsätzlich der richtige
Weg. Aber auch finanzpolitische Entscheidungen müssen sich am Kriterium der
Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels und der globalen Nachhaltigkeit messen lassen. Wir
wollen daher die Schuldenregel so reformieren, dass sie Investitionen in den
Klimaschutz und den Substanzerhalt der Daseinsvorsorge besser gewährleistet.
Auch soll sie für Notlagen wie den Angriffskrieg auf die Ukraine und die
Folgekosten insbesondere für die Kommunen praxisgerechter gestaltet sein. Um
jetzt schon handlungsfähig zu sein, haben wir gemeinsam mit dem Deutschen
Gewerkschaftsbund (DGB) einen Niedersachsenfonds entwickelt. Dieser Fonds wird
mit einer Milliarde Stammkapital ausgestattet und soll mit Mitteln des
Kapitalmarktes auf 10 Milliarden Euro anwachsen. Ein solcher Niedersachsenfonds
ist mit der in der Verfassung verankerten Schuldenbremse vereinbar und soll
zusammen mit Landesgesellschaften dazu eingesetzt werden, in den klimaneutralen
Umbau der öffentlichen Gebäude des Landes und der Kommunen, den Aufbau einer
klimaneutralen Versorgungsinfrastruktur sowie die öffentliche und soziale
Daseinsvorsorge zu investieren. Für uns hat die „GRÜNE Null“ – und damit die
Vermeidung ökologischer Folgeschäden durch rechtzeitige Realisierung notwendiger
Investitionen in den Klimaschutz – Vorrang vor der „schwarzen Null“ des
lediglich buchhalterischen Verzichts auf neue Kredite.
Mehr Transparenz im Landeshaushalt
In einer liberalen Demokratie müssen Bürger*innen in der Lage sein
nachzuvollziehen, wofür das Land ihre Steuergelder einsetzt und wie sich
Finanzen, Vermögen und zukünftige Belastungen entwickeln. Bisher ist das nur
sehr eingeschränkt der Fall, weil der Landeshaushalt weder das Vermögen abbildet
noch die sogenannte implizite Verschuldung des Landes, wozu u. a. die
Pensionsverpflichtungen für Beamt*innen gehören. Mit einer
Landesvermögensrechnung wollen wir das ändern und sowohl Vermögen als auch die
implizite Verschuldung des Landes nach kaufmännischen Grundsätzen ermitteln und
im Zusammenhang darstellen. Auf diese Weise wird deutlich, über welche
Vermögenswerte das Land tatsächlich verfügt, wie sich dieses Vermögen entwickelt
und in welcher Höhe wir künftige Generationen einerseits durch implizite und
explizite Schulden belasten – andererseits aber auch durch unterlassene
Investitionen. Ein sorgsamer Umgang mit dem Vermögen des Landes bedeutet
schließlich auch, Gebäude, Straßen und Brücken, aber auch den Wald des Landes zu
erhalten und so das Anlagevermögen zu stärken. Der Vermögenserhalt hat für uns
den gleichen Stellenwert wie die Schuldenbremse.
Nachhaltiges Investment – Klima- und geschlechtergerecht haushalten
Bevor der Haushalt aufgestellt wird, wollen wir künftig regelmäßig alle
Haushaltsposten auf ihre Vereinbarkeit mit dem 1,5-Grad-Ziel überprüfen. Das
betrifft insbesondere Subventionen, Förderprogramme und Finanzhilfen. Die
Finanzanlagestrategie des Landes richten wir auf Klimaneutralität und die
Nachhaltigkeitsziele der UN aus und verankern dies gesetzlich. Investitionen des
Landes etwa in Anlagen mit fossilen Energieunternehmen werden wir beenden (vgl.
Wir bringen Niedersachsen auf den 1,5-Grad-Pfad).
Die strategischen Beteiligungen des Landes insbesondere bei Volkswagen oder
Salzgitter wollen wir dafür nutzen, den ökologischen Umbau dieser Unternehmen
weiter voranzutreiben. Wir führen das Instrument des strategisches Budgeting
ein, das sich an den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten
Nationen orientiert und zudem auch das Gender Budgeting gehört. Denn eine
Haushaltsaufstellung, von der alle Geschlechter gleichermaßen profitieren und
mit der die Gleichstellung der Geschlechter befördert wird, ist ein wichtiges
Ziel GRÜNER Haushaltspolitik (vgl. Gleichstellung und Feminismus).
Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung verstärken
Die Finanzierung der vielfältigen Aufgaben des Landes steht und fällt mit den
Steuereinnahmen. Dabei ist eine gerechte Steuererhebung die Grundlage jedes
öffentlichen Haushalts. Nicht erst Luxemburg Leaks und Panama Papers haben
gezeigt, dass Steuerbetrug und legale Steuervermeidung ein massives Problem
darstellen. Von 2013 bis 2017 hat die damalige Landesregierung mit GRÜNER
Beteiligung durch den Ankauf von Steuer-CDs und der personellen Verstärkung der
Steuerfahndung wichtige Maßnahmen auf den Weg gebracht. Da wollen wir anknüpfen
und die Zahl der Ausbildungsplätze in der Steuerverwaltung dauerhaft um 200
aufstocken. Zudem wollen wir die Steuerverwaltung technisch besser ausstatten
und flächendeckend mobiles Arbeiten ermöglichen sowie nach und nach die Stellen
in der Steuerfahndung und Betriebsprüfung erhöhen. Auf Bundesebene werden wir
uns für die Abschaffung sog. Share-Deals einsetzen, mit denen Investoren durch
den Erwerb von Geschäftsanteilen die dem Land zufließende Grundsteuer umgehen.
Öffentlich-private Partnerschaften
Wir stehen sogenannten öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPP) bei der
Finanzierung von öffentlichen Investitionen kritisch gegenüber und lehnen sie ab
– beispielsweise beim Straßenbau. Sie sind im Regelfall deutlich teurer als
konventionelle Projekte. Private Unternehmen erwarten eine hohe Rendite – die
Zeche begleichen dann die Bürger*innen. Gleichzeitig sind ÖPP-Projekte aufgrund
hochkomplexer Verträge nur sehr schwer zu kontrollieren. Davon profitieren am
Ende nur die beteiligten Unternehmen – für die Bürger*innen wird es hingegen
teuer. Wir setzen uns dafür ein, dass ÖPP-Projekte als kreditähnliche
Rechtsgeschäfte gegenüber konventionellen Kreditgeschäften nicht weiter
privilegiert werden. Um die Anwendung von ÖPP auf solche Fälle zu reduzieren,
bei denen die Vorteile für die öffentliche Hand deutlich überwiegen, setzen wir
uns für nachvollziehbare Qualitätskriterien ein.
Starke Kommunen
Unsere Kommunen sind das Rückgrat unseres Gemeinwesens. Handlungsfähige Kommunen
sind unerlässlich für gutes Leben in der Fläche. SPD und CDU haben unsere
Kommunen jedoch finanziell ausbluten lassen: Die Zuweisungen des Landes an die
niedersächsischen Kommunen liegen deutlich unter dem bundesweiten Durchschnitt.
In den 1990er Jahren konnten die Sozialausgaben der Kommunen noch vollständig
von den Landeszuweisungen gedeckt werden – aktuell müssen unsere Städte und
Gemeinden rund 850 Mio. Euro soziale Kosten selbst tragen. Deshalb wollen wir
die den Kommunen über den kommunalen Finanzausgleich zur Verfügung gestellten
Mittel erhöhen. Außerdem wollen wir ihnen die Möglichkeit geben, eine
Grundsteuer C auf unbebaute Baugrundstücke zu erheben, um so der Spekulation mit
baureifen Grundstücken zu Lasten des Wohnungsmarktes einen Riegel vorzuschieben.
Risiken der Landesbank minimieren
Die Nord/LB, an der neben dem Mehrheitseigentümer Land Niedersachsen das Land
Sachsen-Anhalt und die Sparkassen beteiligt sind, findet nach wie vor keinen Weg
aus der Krise. Im Gegenteil: Im Jahr 2019 mussten die Eigentümer aufgrund von
Verlusten aus der Schiffsfinanzierung und der Übernahme der Bremer Landesbank
erneut mit 3,6 Mrd. Euro einspringen. Um die Schuldenbremse zu umgehen, haben
SPD und CDU die daraus resultierenden Belastungen für das Land trickreich in
landeseigene Beteiligungsgesellschaften ausgelagert. Damit ist die Bank aber
keineswegs über den Berg; ein dauerhaft tragfähiges Geschäftsmodell ist
weiterhin nicht in Sicht. Der Landeshaushalt braucht Stabilität und
Verlässlichkeit, um die notwendigen Landesaufgaben wahrzunehmen. Daher ist es
erforderlich, die Risiken für den Landeshaushalt aufgrund der Beteiligung an der
Nord/LB zu reduzieren. Wir streben eine Neuordnung des öffentlich-rechtlichen
Bankensektors an. Wir prüfen wir eine Herauslösung der Braunschweigischen
Landessparkasse aus der Nord/LB.
Transparenz bei Sparkassen und öffentlichen Unternehmen
Wir wollen für mehr Transparenz bei Sparkassen und öffentlichen Unternehmen
sorgen. Insbesondere soll die Vergütung von Vorständen und Mitgliedern der
Aufsichtsgremien künftig offengelegt werden. Denn auch in diesen Unternehmen
wird mit öffentlichen Geldern gearbeitet. Wir fordern, dass die Träger der
öffentlichen Unternehmen und Sparkassen, also Land und Kommunen, verpflichtend
in den jeweiligen Gremien auf mehr Transparenz bei den Vergütungen hinwirken.
Eine entsprechende Hinwirkungsverpflichtung kann im Sparkassengesetz oder dem
Kommunalverfassungsgesetz verankert werden.
Wo die Zukunft zu Hause ist: Für starke Kommunen in Niedersachsen
In den Städten, Gemeinden und Landkreisen ist Politik konkret. Hier begegnen uns
die Herausforderungen ganz handfest, hier werden Probleme gelöst. Gerade jetzt
sind es die Kommunen, die für die Unterbringung der Geflüchteten aus der Ukraine
sorgen und Angebote zu Teilhabe und Integration organisieren. In der Corona-
Krise sind es die Kommunen, die Kontakte nachverfolgen, soziale Spannungen
abfedern und Impfzentren organisieren. Auch bei den Herausforderungen der
Zukunft kommt es wesentlich auf die politischen Entscheidungen vor Ort an: Wird
der öffentliche Nahverkehr ausgebaut und der knappe öffentliche Raum in unseren
Städten zugunsten des Rad- und Fußverkehrs und der Aufenthaltsqualität neu
aufgeteilt? Wo entstehen die Windkraft- und Solaranlagen für unsere
klimagerechte Energieversorgung? Wie schaffen wir ausreichend bezahlbaren
Wohnraum? Gelingt es, durch gute Bildungsangebote von der Kita über unsere
Schulen bis hin zu Berufsausbildung und Studium endlich für Chancengerechtigkeit
zu sorgen? Bleiben bzw. werden unsere Innenstädte auch in Zeiten von
Digitalisierung und Onlinehandel urbane Kerne mit hoher Aufenthaltsqualität? Das
alles sind Aufgaben, die nur gemeinsam mit starken und gut ausgestatteten
Kommunen erfolgreich wahrgenommen werden können. Die Kommunen sind Partner*innen
für die Umsetzung unserer Politik. An den kommunalen Realitäten vorbei zu
regieren führt dazu, dass Politik nicht umgesetzt wird. Als Land haben wir die
Aufgabe, kommunale Interessen gegenüber dem Bund zu vertreten und dafür zu
sorgen, dass auch im Bund die kommunalen Realitäten beachtet werden.
Die Kommunen bedarfsgerecht ausstatten
Nicht zuletzt in der Corona-Krise hat sich gezeigt, dass der jahrelang
postulierte schlanke Staat längst zum abgemagerten Staat geworden ist, der an zu
vielen Stellen kaum mehr in der Lage ist, seine zentralen Aufgaben zum Wohle der
Bürger*innen zu erfüllen: Die kaputtgesparten Gesundheitsämter waren trotz
herausragenden Engagements der Mitarbeiter*innen nicht annähernd in der Lage,
die ihnen zugewiesenen Aufgaben zu erfüllen. Die Digitalisierung ist an vielen
kommunalen Verwaltungen bisher weitgehend spurlos vorbeigegangen. Das digitale
Lernen war und ist nicht zuletzt deshalb oftmals ein Desaster, weil es den
Schulen an der erforderlichen technischen Ausstattung fehlte. Um ihre Aufgaben
zu bewältigen und den Herausforderungen gerecht werden zu können, müssen die
Kommunen entsprechend finanziell ausgestattet werden. Das ist bisher nicht
überall der Fall: Die Löcher in vielen kommunalen Haushalten stehen denen in
vielen Gemeindestraßen in nichts nach. So ist die Investitionsquote – also der
Anteil, der für Investitionen vorgesehen ist – auch in den letzten Jahren weiter
gesunken. Grund dieser Misere ist zum einen, dass immer neue Aufgaben an die
Kommunen übertragen werden, ohne gleichzeitig für einen vollständigen
finanziellen Ausgleich zu sorgen. Zum anderen ist die Kommunalfinanzierung so
ausgerichtet, dass sie strukturschwache Kommunen benachteiligt und keine
Gegenfinanzierung ihrer besonderen Belastungenvorsieht. Der kommunale
Finanzausgleich liegt in Niedersachsen deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.
Wir wollen den Kommunalen Finanzausgleich erhöhen und reformieren: Dazu werden
wir eine Enquetekommission einsetzen (vgl. Nachhaltig haushalten). Besonders
verschuldete Kommunen muss das Land weiterhin mit Entschuldungsprogrammen
unterstützen.
Vor Ort entscheiden
Wir GRÜNEN wollen den Kommunen mehr Entscheidungsspielräume einräumen. Wichtige
und richtige Schritte sind die erleichterte wirtschaftliche Betätigung oder die
Möglichkeit der Einführung einer Tourismusabgabe zur Finanzierung der
touristischen Infrastruktur. Weitere Kompetenzen, etwa bei der Einrichtung von
Geschwindigkeitsbeschränkungen oder mehr Mitsprache bei Bauvorhaben, stärken das
Selbstbestimmungsrecht der Menschen vor Ort. Um die Mitsprachemöglichkeiten von
jungen Menschen zu verbessern, wollen wir das Wahlalter auf 14 Jahre absenken.
Wir wollen die Instrumente der unmittelbaren Demokratie weiterentwickeln und
beispielsweise Bürgerentscheide auch bei der Bauleitplanung ermöglichen (vgl.
Für eine vielfältige Gesellschaft).
Das von SPD und CDU überwiegend zu ihren Gunsten veränderte Verfahren zur
Besetzung von Ausschüssen in den kommunalen Räten und Kreistagen werden wir
zurücknehmen. Statt des Zählverfahrens nach D´Hondt, das vor allem große
Fraktionen und Gruppen begünstigt, werden wir ein Zählverfahren einführen, das
die politische Vielfalt der Räte und Kreistage besser in den Ausschüssen
abbildet.
Für mehr Vielfalt in den kommunalen Räten
Wir wollen mehr Vielfalt in den kommunalen Räten erreichen und die Zahl der
Rats- und Kreistagsmitglieder mit Migrationsherkunft sowie der Frauen erhöhen.
Deshalb machen wir uns dafür stark, bestehende Hemmnisse abzubauen. Wir GRÜNEN
setzen uns dafür ein, Kommunalpolitiker*innen besser vor Beleidigungen,
Bedrohungen und Angriffen zu schützen – online und offline.
Für mehr interkommunale Zusammenarbeit
Ein gutes Zusammenleben und die vorausschauende Weiterentwicklung enden nicht an
der Gemeindegrenze. Die Klimakrise lehrt uns: Wir müssen Grenzen überwinden, um
Chancen zu nutzen. Wir wollen deshalb Städte und Gemeinden fördern, die durch
verstärkte interkommunale Zusammenarbeit mehr und mehr zusammenwachsen wollen.
Schon jetzt arbeiten Kommunen in vielen Bereichen zusammen: etwa bei der
Energieversorgung im ÖPNV, bei allgemeinen Verwaltungsaufgaben sowie bei
kulturellen und sozialen Einrichtungen. Indem wir mehr interkommunale
Kooperation ermöglichen, entlasten wir so auch die kommunale Verwaltung. Wir
GRÜNEN wollen Modellregionen, die umweltfreundliche Logistikkonzepte für den
Einzelhandel und das Handwerk entwickeln. Damit entlasten wir Umwelt und
Infrastruktur, optimieren den Flächenverbrauch und stärken regionale
Wirtschaftsstrukturen. Die Bereitschaft zur Kooperation sollte aber lokal
wachsen – und kreative Initiativen und digitale Lösungen werden wir seitens des
Landes unterstützen (vgl. Innovatives Niedersachsen, Stadt und Land zusammen
zukunftsfähig gestalten).
Bürgerfreundliche digitale Kommunen
Bis Ende 2022 müssen etwa 600 Verwaltungsdienstleitungen, etwas 90 Prozent davon
bei den Kommunen, auch digital angeboten werden – so sieht es das
Onlinezugangsgesetz des Bundes vor. Dann sollen die Beantragung eines
Personalausweises, die Anmeldung eines Neugeborenen beim Standesamt oder der
Widerspruch gegen einen Bebauungsplan auch online möglich sein. Zudem soll
Schluss damit sein, dass Bürger*innen Papiere von einem Amt in das andere
tragen: Bei Behörden des Bundes, der Länder und Kommunen vorliegende Unterlagen
und Informationen müssen dann von dem Amt, in dem sie benötigt werden, selbst
beschafft werden. Die Umsetzung dieses Projekts ist von SPD und CDU jedoch
sträflich vernachlässigt worden: Zentrale Portale, für die das Land zuständig
ist, stehen nicht zur Verfügung. Auf die Kommunen kommen mit der Umsetzung der
digitalen Verwaltung große Aufgaben zu, die insbesondere kleinere Städte und
Gemeinden allein nicht bewältigen können: Die IT-Ausstattung muss beschafft und
in Betrieb gehalten werden, Mitarbeiter*innen müssen geschult werden. Wir GRÜNEN
unterstützen die Kommunen bei der Bewältigung dieser Aufgabe.Wir beschleunigen
die Bereitstellung der zentralen Serviceportale und bieten Beratung sowie
Unterstützung bei der Schulung der Mitarbeiter*innen an.
Niedersachsen, ein Land das funktioniert – effektiv und bürgernah
Für einen attraktiven Öffentlichen Dienst – digital und leistungsfähig
Eine moderne, leistungsfähige, digitale Verwaltung in Land und Kommunen ist die
Grundlage für einen funktionierenden Staat, für unzählige tägliche
Dienstleistungen für die Bürger*innen und die Fähigkeit, zukünftigen
Herausforderungen zu begegnen. SPD und CDU haben unter dem Vorzeichen der
„Schwarzen Null“ wenig getan, um die Leistungsfähigkeit der Verwaltung in
Niedersachsen zu sichern, die überfällige Digitalisierung umzusetzen und dem
sich verschärfenden Fachkräftemangel zu begegnen. Deshalb legen wir GRÜNEN einen
Fokus auf die technische und personelle Ausstattung der Verwaltung sowie moderne
Arbeitsweisen und Verfahren.
Digitalisierung umsetzen
Die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung ist eine der größten
Herausforderungen in den kommenden Jahren. So genügt es nicht, in technische
Infrastruktur zu investieren – es müssen auch neue Verfahrensweisen und
Kommunikationsformen für die digitale Verwaltung der Zukunft gefunden werden.
Nur so kann Digitalisierung dazu beitragen, nicht nur zu schnelleren, sondern
auch transparenteren und besser begründeten Entscheidungen zu gelangen. Die
Einführung der elektronischen Akte in der Landesverwaltung hat in den letzten
Jahren Fortschritte gemacht, ist aber noch nicht in allen Bereichen praxisnah
umgesetzt und keineswegs abgeschlossen. Über die bloße Digitalisierung und
(Teil-)Automatisierung von Abläufen hinaus müssen wir auch prüfen, inwiefern
moderne Techniken der Datenaufbereitung und Datenanalyse (bis hin zu KI-
Systemen) bessere Entscheidungsgrundlagen für Verantwortungsträger*innen in
Politik und Verwaltung liefern können. Dabei sind wir uns möglicher Spannungen
insbesondere im Hinblick auf den Datenschutz bewusst und werden sehr sensibel
mit ihnen umgehen (vgl. Starker Rechtsstaat Niedersachsen). Für öffentliche
Dienstleistungen streben wir in Übereinstimmung mit dem Onlinezugangsgesetz eine
einheitliche digitale Zugangsmöglichkeit inklusive funktionierender
elektronischer Zahlungssysteme an, die wo möglich von Land und Kommunen im
Gleichklang eingesetzt werden (vgl. Wo die Zukunft zu Hause ist).
Die Digitalisierung eines komplexen Verwaltungssystems verlangt neben einer
guten zentralen Steuerung und Strategie auch Digitalisierungskompetenzen und
finanzielle, personelle und organisatorische Kompetenzen in den einzelnen
Ressorts. Nur so können Mittel für Beschaffungen und externe Beratungsleistungen
in den Ressorts wirksam werden und dauerhaft zu einer verbesserten, digitalen
Arbeitsweise führen. Dies wurde in der Vergangenheit zu wenig beachtet – auch
weil Digitalisierung als Einsparmöglichkeit im Sinne einer
Digitalisierungsdividende missverstanden wurde. Viele Probleme, die wir auf
diesem Feld in Niedersachsen erleben, sind darauf zurückzuführen, dass nicht
ausreichend Mittel für den Ressourcenaufbau in den einzelnen Ressorts zur
Verfügung stehen. Deshalb schaffen wir im Rahmen einer integrierten
Digitalstrategie gezielt die notwendigen personellen und organisatorischen
Ressourcen für die Umsetzung in den einzelnen Ressorts. Auf diese Weise erhöhen
wir das Digitalisierungstempo in der Landesverwaltung und nutzen ihr volles
Potenzial. Wo mehrere Ressorts und Fachabteilungen mit der Digitalisierung
vergleichbarer Prozesse befasst sind, wollen wir den Einsatz einheitlicher
Verfahren voranbringen und die Abstimmung durch Einrichtung geeigneter
Steuerungsgremien verbessern. Mit einer Green-IT-Strategie sorgen wir dafür,
dass die Digitalisierung des Landes klimaneutral wird (vgl. Niedersachsen auf
den 1,5-Grad-Pfad bringen).
Die Digitalisierung der Verwaltung wollen wir zudem nutzen, um Arbeitsabläufe
und Arbeits-weisen zu modernisieren. Viele aktuelle Herausforderungen verlangen
ein schnelles, flexibles, pragmatisches und trotzdem rechtssicheres Handeln –
Anforderungen, die oft sehr schwer gleichzeitig zu erfüllen sind. Wir begegnen
ihnen durch moderne, agile Verwaltungsabläufe, die Wissen, Erfahrung, Innovation
und Kreativität nutzen und in vernetzten, flexiblen Strukturen fußen. Gemeinsam
mit den Bediensteten in der Landesverwaltung werden wir in Zusammenarbeit mit
der Wissenschaft agile Verwaltungsstrukturen und moderne Arbeitsweisen
entwickeln und implementieren. Wir schaffen Modellprojekte innerhalb der
Verwaltung, in denen wir agile Arbeitsmethoden erproben und für die
Landesverwaltung insgesamt nutzbar machen. Dabei darf die Einführung
digitalisierter und agiler Verfahren nicht zu einer weiteren Verdichtung und
Entgrenzung der Arbeit für die Bediensteten führen, sondern muss im Gegenteil
als Möglichkeit genutzt werden, um Arbeitsplätze attraktiver und gesünder zu
gestalten. Mobiles Arbeiten und die Flexibilisierung von Arbeitszeiten können in
diesem Sinne eine Chance für mehr Selbstbestimmung und die Vereinbarkeit von
Arbeit und Privatleben darstellen.
Open-Source-Software kann große Vorteile bei Sicherheit und Effizienz gegenüber
den bisher üblichen proprietären Lösungen bieten. Wir wollen im Land stärker auf
solche freien Softwarelösungen setzen. Im Auftrag des Landes entwickelte
Software soll wo möglich im Quellcode offen vorliegen und für die Überprüfung
und Weiterentwicklung durch unabhängige Stellen zugänglich sein. Öffentliche
Daten wollen wir grundsätzlich über geeignete digitale Schnittstellen für die
Öffentlichkeit zugänglich machen (Open Data).
Die Verwaltung als attraktive Arbeitgeberin
Auch der öffentliche Dienst bekommt den verbreiteten Fachkräftemangel zu spüren:
sowohl im allgemeinen Verwaltungsdienst als auch bei Fachpersonal,
beispielsweise technischen Berufen. Dieser wird verstärkt durch das Ausscheiden
geburtenstarker Jahrgänge aus dem Verwaltungsdienst und eine oftmals verfehlte
Sparpolitik vergangener Jahre. Gerade deshalb müssen wir die Landesverwaltung
als attraktiven Arbeitgeber stärken und auf vielfältigen Wegen um Nachwuchs
werben.
Wir wollen die Besoldungsstrukturen überprüfen und streben an, auch im Vergleich
mit anderen Bundesländern den Beamt*innen und Tarifbeschäftigten eine attraktive
und angemessene Vergütung zu bieten. Gerade bei technischen Schlüsselberufen
steht die Verwaltung in scharfer Konkurrenz zu Privatunternehmen und vor großen
Herausforderungen, im Vergleich attraktive Bedingungen bieten zu können.
Gemeinsam mit den Kommunen suchen wir im Dialog mit den Gewerkschaften nach
Lösungen für die konkurrenzfähige Vergütung insbesondere technischer Berufe und
prüfen Möglichkeiten für die Schaffung besserer Aufstiegsmöglichkeiten. Wir
verstärken die Anstrengungen in der Nachwuchsgewinnung deutlich. Dazu wollen wir
die Werbebudgets für die Nachwuchsgewinnung erhöhen und die Kooperation zwischen
dem Innenministerium und den Fachressorts der allgemeinen Verwaltung ausbauen.
Das Laufbahnrecht werden wir reformieren, um insbesondere den Quereinstieg in
den Verwaltungsdienst zu erleichtern.Unser Ziel ist es, verstärkt Menschen mit
Migrationsgeschichte für den Verwaltungsdienst zu gewinnen. Deshalb wollen wir
die spezifischen Kompetenzen, die Menschen mit Migrationsgeschichte erwerben, im
Einstellungsverfahren stärker berücksichtigen.
Das Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge bedeutet auch, dass wir verstärkt
junge und modern denkende Menschen für den Verwaltungsdienst gewinnen müssen.
Wir wollen zur besseren Personalgewinnung wieder mehr im Beamt*innenverhältnis
ausbilden und die Praxiszeiten während der Ausbildung stärken. Junge
Führungskräfte werden wir mit geeigneten Programmen an ihre Aufgabe heranführen,
die bestehenden Programme entwickeln wir dazu bedarfsgerecht weiter. Auf der
Grundlage einer geschlechtersensiblen Personalentwicklungsstrategie fördern wir
gezielt Frauen in Führungspositionen – insbesondere dort, wo sie weiterhin
unterrepräsentiert sind. Moderne Instrumente der Arbeitszeitgestaltung von
Arbeitszeitkonten über Jobsharing bis hin zu Sabbaticals wollen wir verstärkt
ermöglichen und die Rahmenbedingungen für Telearbeit und mobiles Arbeiten
verbessern. Hierbei haben wir stets auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf
als wesentliches Ziel im Blick.
In der Qualifizierung und Fortbildung von Verwaltungsmitarbeiter*innen und vor
allem Führungskräften stärken wir moderne Schlüsselkompetenzen wie Gender- und
Diversity-Kompetenz. Die Entsendung niedersächsischer Expert*innen in die
Institutionen der EU sowie internationale Organisationen werden wir stärken. Wir
setzen auf eine Poolbildung nach dem Vorbildung anderer Bundesländer, um die
Ressorts zu entlasten.
Öffentliche Beschaffung
Bei öffentlichen Vergaben zeigt die Erfahrung, dass eine ausschließliche
Fokussierung auf das jeweils billigste Angebot die öffentliche Hand teuer zu
stehen kommen kann. Obwohl bereits heute ein anderes Vorgehen möglich wäre, wird
aus Gründen der leichteren Vergleichbarkeit – und damit Rechtssicherheit – oft
in erster Linie auf den Preis geschaut. Wir wollen Vergabestellen bei
Ausschreibungen und Vergabeverfahren durch Beratung, Qualifikation und
Musterverfahren in der stärkeren Berücksichtigung von Qualität unterstützen. Wo
öffentliches Geld fließt, müssen uneingeschränkt Tarifverträge, Umwelt- und
Sozialstandards gelten und zwar entlang der gesamten Lieferketten. Dies stellen
wir GRÜNEN für die Beschaffungen des Landes sicher. Um die Beschaffung
klimagerechter aufzustellen, führen wir einen CO2-Schattenpreis in Höhe der
Empfehlungen des Umweltbundesamtes ein (vgl. Niedersachsen auf den 1,5-Grad-Pfad
bringen). Kommunale Vergabestellen werden wir stärker beraten, um sie bei der
wirtschaftlich, ökologisch und sozial nachhaltigen Gestaltung von
Ausschreibungen zu unterstützen.
Änderungsanträge
- Ä1 (KV Osnabrück-Land (beschlossen am: 07.05.2022), Eingereicht)
- Ä2 (KV Osnabrück-Land (beschlossen am: 07.05.2022), Eingereicht)
- Ä3 (KV Osnabrück-Land (beschlossen am: 07.05.2022), Eingereicht)
- Ä4 (KV Osnabrück-Land (beschlossen am: 07.05.2022), Eingereicht)
- Ä5 (KV Osnabrück-Land (beschlossen am: 07.05.2022), Eingereicht)
- Ä6 (LAG Wirtschaft/Finanzen (beschlossen am: 21.05.2022), Eingereicht)
- Ä7 (LAG Wirtschaft/Finanzen (beschlossen am: 21.05.2022), Eingereicht)
- Ä8 (LAG Wirtschaft/Finanzen (beschlossen am: 21.05.2022), Eingereicht)
- Ä9 (LAG Wirtschaft/Finanzen (beschlossen am: 21.05.2022), Eingereicht)
- Ä10 (LAG Wirtschaft/Finanzen (beschlossen am: 21.05.2022), Eingereicht)
- Ä11 (LAG Wirtschaft/Finanzen (beschlossen am: 21.05.2022), Eingereicht)